Löschungspflichten für Suchmaschinen aufgrund der DSGVO?

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist seit nun einem Jahr in Kraft. Sie sieht unter anderem Auskunfts- und Löschungsansprüche für „personenbezogene Daten“ vor. Solche Daten sind vielfach auch online abrufbar, häufig werden sie bereits in den Trefferlisten von Suchmaschinen angezeigt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 06.09.2018 – 16 U 193/17) hat entschieden, dass eine Suchmaschine (Google) grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, ältere negative Presseberichte über eine Person in der Trefferliste zu löschen, selbst wenn diese sensible Gesundheitsdaten enthalten. Zwar ergibt sich aus der DSGVO ein „Recht auf Vergessenwerden“, das auch gegen den Betreiber einer Suchmaschine geltend gemacht werden kann; jedoch muss in jedem Einzelfall eine Prüfung der Löschungspflicht vorgenommen werden. Relevant ist, ob das Interesse des Betroffenen an der Löschung schwerer wiegt als das Öffentlichkeitsinteresse. Da in diesem Fall die ursprüngliche Berichterstattung rechtmäßig war und darüber hinaus ein erhebliches öffentliches Interesse bestand, konnte der Löschungsanspruch auch jetzt – etwa sechs Jahre später – nicht geltend gemacht werden.

PRAXISTIPP

Das Gericht hat in diesem Fall zunächst klargestellt, dass auch amerikanische Unternehmen wie Google die Vorgaben der DSGVO einzuhalten haben, wenn Daten von Personen in der Europäischen Union verarbeitet werden. Eine Löschungspflicht kann sich nach Abwägung der Interessen auf Seiten des Betroffenen sowie auf Seiten der Öffentlichkeit ergeben. Der Rechtsstreit ist noch nichts rechtskräftig und beim Bundesgerichtshof anhängig (Az.: IV ZR 405/18).

Das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 07.01.2019, Az.: 4 W 1149/18) hat in der Zwischenzeit zudem in einem anderen Fall ebenfalls entschieden, dass es keinen grundsätzlichen Löschungsanspruch gibt. Vielmehr muss der Einzelfall geprüft werden. Bevor entsprechende Löschanträge gestellt werden, ist also zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Bewertungsportal darf Gesamtbewertung eines Unternehmens nicht eigenmächtig und intransparent erstellen

Bewertungsportale können einen entscheidenden Einfluss auf die Reputation eines Unternehmens haben. Insbesondere Kunden, aber auch (ehemalige) Mitarbeiter können auf Bewertungsplattformen ihre Meinung einer breiten Öffentlichkeit mitteilen. Der Betreiber eines Bewertungsportals haftet für die Bewertungen der Nutzer aber grundsätzlich nur, wenn er von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt hat.

Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 13.11.2018 – 18 U 1280/16 Pre) hat entschieden, dass der Betreiber einer Bewertungsplattform für die Darstellung der Gesamtbewertung eines Unternehmens aber dann verantwortlich ist, wenn er diese selbst beeinflusst. Das war der Fall: Denn die Gesamtbewertung ergab sich nicht aus dem aus allen Einzelbewertungen errechneten Durchschnitt, der Betreiber nahm vielmehr eine eigene Gewichtung vor. Er hatte unter den abgegebenen Bewertungen nur diejenigen ausgewählt, die er für vertrauenswürdig und nützlich hielt, und den Durchschnitt nur aus diesen errechnet. Nach Ansicht des Gerichts stellt die jeweilige Gesamtbewertung daher eine eigene Äußerung des Betreibers darüber dar, welche Bewertung des betroffenen Unternehmens er aufgrund eigener Auswahl und Beurteilung für zutreffend hält.

PRAXISTIPP

Werden belastende oder negative Äußerungen auf Bewertungsplattformen getätigt, kann ein Unternehmen zunächst nur denjenigen in die Haftung nehmen, der diese Äußerung eingestellt hat. Das kann bei anonymen Kommentaren problematisch sein. Der Plattformbetreiber haftet in der Regel nicht für solche fremden Inhalte. In diesem Fall handelte es sich durch die Art der Berechnung der Gesamtnote aber nicht um eine fremde, sondern um eine eigene Meinungsäußerung des Bewertungsportals. Der rechtliche Betreiber des Portals haftete deshalb vollumfänglich.

Grenzen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit in Pressemitteilungen eines Bürgermeisters

Wenn staatliche Stellen Äußerungen für die Öffentlichkeit vornehmen, so unterliegen sie dabei besonderen Neutralitätspflichten. Das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 22.02.2019, Az.: 6 B 5193/18) hat entschieden, dass die Äußerungen in einer Pressemitteilung einer öffentlichen Stelle das Presse- und Meinungsfreiheitsrecht verletzen können, wenn sie das Sachlichkeitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachten. Hintergrund war eine Berichterstattung der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Oberbürgermeister. In einer Pressemitteilung hatte die Landeshauptstadt Hannover daraufhin mitgeteilt, dass die Zeitung im Verdacht stehe, mit illegal beschafften Informationen die Unschuldsvermutung gegen den Oberbürgermeister zu unterlaufen. Es wurde auch geäußert, dass ein Redakteur der HAZ sich mutmaßlich illegal Zugang zu Akten aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Oberbürgermeister verschafft habe. Das Gericht stellte klar, dass der Oberbürgermeister zwar das Recht hat, sich zu gegen die eigene Politik erhobenen Vorwürfen zu äußern und nach eigener Einschätzung fehlerhafte Tatsachenbehauptungen richtigzustellen. Allerdings darf er dabei ohne sachgerecht ermittelte Tatsachengrundlage keine Verdachtsmomente äußern.

PRAXISTIPP

Das Gericht sah den Verstoß gegen die Pressefreiheit in diesem Fall darin begründet, dass die Pressemitteilungen den Charakter einer Warnung vor der entsprechenden Zeitung und dem verantwortlichen Redakteur gleichkamen und geeignet waren, das Bild der Zeitung in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen.

Im Übrigen sind auch staatliche Stellen – wie Kommunen, Gemeinden und Städte – zur Öffentlichkeitsarbeit berechtigt, sie müssen aber beachten: Die Grenzen dieser Öffentlichkeitsarbeit sind enger als bei Privatunternehmen.

Influencer müssen nicht jeden Beitrag als Werbung kennzeichnen

Die Zusammenarbeit mit Influencern kann Teil der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen sein. Doch nicht jeder Post eines Influencers geht auf eine solche Kooperation zurück. Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 08.01.2019, Az.: 5 U 83/18) hatte über die Voraussetzungen zu entscheiden, wann eine Kennzeichnung als Werbung beziehungsweise Anzeige notwendig ist. Dies ist nach Ansicht des Gerichts dann nicht der Fall, wenn ein Influencer in seinem Beitrag ausschließlich redaktionelle Inhalte verbreitet und von in dem Beitrag genannten Unternehmen nicht entlohnt oder in anderer Weise belohnt wird. Das Gericht stellte dabei klar, dass es nicht gerechtfertigt ist, Beiträge eines Influencers generell als kennzeichnungspflichtige Werbung anzusehen, wenn diese Links auf Internetauftritte von Produktanbietern enthalten. Vielmehr müssten jeweils die Umstände des Einzelfalls geprüft werden.

PRAXISTIPP

Schleichwerbung, also die nicht als solche gekennzeichnete Verbreitung von Beiträgen mit werbenden Inhalten, ist verboten. Wann genau jedoch Blogger und Influencer ihre Beiträge in den sozialen Medien als Werbung kennzeichnen müssen, ist in der Rechtsprechung umstritten und noch nicht höchstrichterlich entschieden.

In einem anderen Fall hat das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 21.03.2019, Az.: 13 O 38/18 KfH) entschieden, dass Schleichwerbung vorliegt, wenn Influencer auf Instagram Fotos mit Marken taggen, ohne die Posts als Werbung zu kennzeichnen. Wenn ein werblicher Inhalt vorliegt, muss also die Kennzeichnung ausreichend deutlich sein: Der Hinweis #Anzeige oder #Werbung sollte an den Anfang eines Posts gestellt werden – dies gilt ebenso für Bilder und Videos.

Weiterhin empfiehlt es sich, die Zusammenarbeit mit Influencern auf einer klaren vertraglichen Grundlage zu vereinbaren, die unter anderem die Kennzeichnungspflicht von Werbung, aber auch die Einräumung von Nutzungsrechten regelt.

Fotografier-Erlaubnis durch den Pächter bei Innenaufnahmen eines Gebäudes

Pächter haben die Befugnis, Dritten den Zugang zu dem von ihnen gepachteten Grundstück zu gewähren. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 11.02.2019, Az.: 16 U 205/17) hat nun entschieden, dass das Hausrecht des Pächters auch dessen Befugnis umfasst, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er Dritten die Erlaubnis zur Anfertigung von Fotografien sowie deren gewerbliche Verwertung erteilt. Im konkreten Fall hatte ein Fotounternehmen im Auftrag des Pächters Fotos von dem Inneren eines gepachteten Gebäudes für eine Messe angefertigt, diese danach aber auch zu Werbezwecken auf seiner eigenen Website genutzt. Da dies jedoch nicht von der Fotografier-Erlaubnis umfasst war, konnte der Pächter die Nutzung aufgrund des ihm zustehenden Hausrechts verbieten.

PRAXISTIPP

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in der Vergangenheit klargestellt, dass der Eigentümer eines Grundstücks die gewerbliche Verwertung von Fotografien seines Grundstücks untersagen darf, wenn diese von dem Grundstück aus angefertigt wurden und nicht von allgemein zugänglichen Stellen aus. In diesem Urteil wurde dieses Recht nun auch Pächtern zugestanden, die rechtlich nicht Eigentümer, aber Besitzer eines Grundstücks sind. Zu beachten ist dabei aber auch: Der Pächter kann die angefertigten Fotografien selbst aufgrund des Urheberrechts auch nur im vereinbarten Umfang nutzen.

Treffen Sie daher immer eindeutige Regelungen, welche Rechte der Fotograf und der Pächter jeweils für die Nutzung der Fotografien erhalten. Ferner muss der Pächter oder Mieter mit dem Eigentümer klären, ob eine kommerzielle Auswertung von Fotografien von diesem freigegeben ist.