Kritisches Youtube-Video stellt keinen Kündigungsgrund dar

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urteil vom 31.07.2014, Az. 2 AZR 505/13) hat entschieden, dass eine Kündigung aufgrund eine kritischen Youtube-Videos unzulässig sei, solange es sich dabei nicht um üblen Nachrede oder Verleumdung handele.

Ein Mitarbeiter hatte im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl ein Video mit kritischen Äußerungen über das Unternehmen auf Youtube und Facebook veröffentlicht und war daraufhin fristlos gekündigt worden. Das Gericht wertete das Video jedoch als sachliche Kritik und sah die Grenze zur üblen Nachrede oder Verleumdung nicht überschritten.

PRAXISTIPP:

Bei Äußerungen von Mitarbeitern in sozialen Netzwerken sollte Zurückhaltung geübt werden. Das BAG hatte schon in früheren Verfahren entschieden, dass es einen Kündigungsgrund darstellt, wenn ein Arbeitnehmer über seinen Arbeitgeber, seine Vorgesetzten oder Kollegen bewusst wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen aufstellt oder eine bewusste und gewollte Geschäftsschädigung begeht, die geeignet ist, bei Geschäftspartnern des Arbeitgebers Misstrauen in dessen Zuverlässigkeit hervorzurufen (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 2 AZR 741/12). Insofern können kritische Äußerungen über soziale Netzwerke durchaus ein Kündigungsgrund sein, wenn Kritik nicht sachlich und auf der Grundlage wahrer Tatsachen geäußert wird.

Haftung eines Hotelbewertungsportals für Nutzereinträge?

Der BGH (Urteil vom 19.03.2015, Az. I ZR 94/13) hatte darüber zu entschieden, ob der Betreiber eines Hotelbewertungsportals für die Bewertung eines Nutzers haftet.

Ein Nutzer hatte auf dem Bewertungsportal behauptet, im Hotel habe es Bettwanzen gegeben, was jedoch nicht den Tatsachen entsprach.

Das Gericht betonte dabei erneut, dass den Betreiber einer Website keine grundsätzliche Prüfungspflicht bezüglich fremder Inhalte trifft. Die Prüfungspflicht ergibt sich vielmehr aus dem Einzelfall und darf nicht so gestaltet sein, dass diese das Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder die Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Daher muss i.d.R. nicht jeder Nutzerbeitrag vor Veröffentlichung überprüft werden.

Eine Haftung auf Unterlassung besteht erst dann, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Im vorliegenden Fall hatte das Bewertungsportal die beanstandete Äußerung entfernt, nachdem das betroffene Hotel darauf hingewiesen hatte. In einem solchen Fall war die Haftung daher ausgeschlossen.

PRAXISTIPP:

Beiträge auf Bewertungsportalen sind gleichermaßen beliebt und gefürchtet. Werden Beiträge anonym eingestellt, bleibt dem von einer falschen oder negativen Bewertung betroffenen Unternehmen oft nur die Möglichkeit, den Betreiber des Portals anzuschreiben. Der BGH hat erneut klargestellt, dass es keine allgemeine Prüfpflicht für solche Websitebetreiber bzgl. fremder Kommentare oder Beiträge gibt. Sie müssen jedoch unverzüglich handeln, sobald sie von Rechtsverletzungen auf ihrer Website erfahren.

Unterlassungsanspruch bei rechtswidrigen Einträgen gilt auch gegen Hostprovider einen Mikrobloggingdienstes

Das OLG Dresden (Urteil vom 01.04.2015, Az. 4 U 1296/14) hat entschieden, dass auch die Betreiber von Mikroblogs, wie z. B. Twitter, bei rechtswidrigen Inhalten auf Unterlassung haften können.

Im vorliegenden Fall hatte ein anonymer Nutzer in einem sozialen Netzwerk die Geschäftspraktiken eines Unternehmens kritisiert und als unseriös dargestellt. Das Unternehmen wandte sich an den Mikrobloggingdienstprovider und verlangte die Entfernung der Beiträge. Der Provider gab dem anonymen Nutzer Gelegenheit zur Stellungnahme, entfernte die Beiträge jedoch auch dann nicht, als der Nutzer nicht reagierte.

Das Gericht sah in den Äußerungen eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin und entschied, dass der Betreiber nach den Grundsätzen der Störerhaftung die Einträge zu entfernen habe.

PRAXISTIPP:

Das Gericht hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass die Betreiber von Mikroblogs genauso haften, wie die Betreiber anderer Websites. Wie im obigen Urteil des BGH, hat auch das OLG Dresden die Grundsätze der Störerhaftung angewandt: wer auf seiner Website fremde Beiträge veröffentlicht, die die Rechte Dritter verletzen (z. B. das Persönlichkeits-, Marken- oder Urheberrecht) haftet grundsätzlich als Störer. Provider sind dabei nicht allgemein dazu verpflichtet, alle Beiträge vorab zu überprüfen. Im Gegensatz zum oben genannten Fall, hat der Provider hier jedoch – nachdem er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hatte -, die beanstandeten Beiträge nicht entfernt

5. Newsletter Kommunikationsrecht

Heute ist der 5. Newsletter Kommunikationsrecht erschienen.

Die Autoren Rechtsanwälte Alexander Unverzagt und Claudia Gips geben zu 5 Urteilen Praxistipps:

  1. Nutzung von Fotos ehemaliger Mitarbeiter (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13)
  2. Kritisches Youtube-Video stellt keinen Kündigungsgrund dar (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 31.07.2014, Az. 2 AZR 505/13)
  3. Wann haftet ein Hotel-Bewertungsportal für Nutzereinträge?
  4. Unterlassung auch bei Mikoblogging-Diensten (OLG Dresden, Urteil vom 01.04.2015, Az. 4 U 1296/14)
  5. Löschungspflicht schließt Suchmaschienen ein (BGH, Urteil vom 28. Juli 2015, Az.: VI ZR 340/14)

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Haften Unternehmen für rechtswidrige Nutzerkommentare?

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat kürzlich ein Nachrichtenportal wegen eines beleidigenden Nutzerkommentars zu Schadensersatz verurteilt.

Welche Auswirkungen diese Entscheidung für die Unternehmenskommunikation im Internet hat, bewertet Rechtsanwältin Claudia Gips in einem Gastbeitrag für „pressesprecher“ und „Human Resources Manager“. Dabei wird auch dargestellt, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen einer Haftung ausgesetzt sein können und was im Zusammenhang mit Kommentaren von Arbeitnehmern zu beachten ist.

http://www.pressesprecher.com/nachrichten/haften-unternehmen-fuer-rechtswidrige-nutzerkommentare-10348

http://www.humanresourcesmanager.de/ressorts/artikel/haften-unternehmen-fuer-rechtswidrige-nutzerkommentare-14718

Der vollständige Beitrag:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ein Nachrichtenportal wegen eines beleidigenden Nutzerkommentars zu Schadensersatz verurteilt. Müssen Unternehmen jetzt online mit angezogener Handbremse kommunizieren?

Unternehmenskommunikation im Internet ist schon lange keine Einbahnstraße mehr. Viele Unternehmen eröffnen auf ihren firmeneigenen Internetseiten und Blogs sowie in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter et cetera vielfältige Möglichkeiten, Kommentare zu hinterlassen. Der direkte Austausch mit Nutzern, Kunden, unter Umständen auch Mitarbeitern und relevanten Zielgruppen ermöglicht unmittelbaren Dialog über Produkte, Service und Verhalten von Unternehmen. Doch was geschieht, wenn diese Kommentare die Grenzen des rechtlich zulässigen überschreiten? Haftet ein Unternehmen als Seitenbetreiber dann automatisch für diese fremden, rechtswidrigen Äußerungen? (mehr …)