Rechtliche Fallstricke beim Verbreiten von digitalem Content

Knapp 50 PR-Professionals nahmen am 12.09.2017 an der Veranstaltung der Convento GmbH bei UNVERZAGT in Hamburg zu diesem Thema teil. Interessante und zielgruppenorientierte Inhalte von Pressemitteilungen, Blogbeiträgen, Kundenbewertungen, Agentur- und Pitchkonzepten etc. sind  in der Regel rechtlich geschützt. Rechtliche Überlegungen werden in diesem Zusammenhang aber oft gar nicht oder zu spät angestellt, obwohl die Bearbeitung, Nutzung und Auswertung solcher kreativer Leistungen es rechtlich in sich haben. Urheber-, wettbewerbs-, persönlichkeits- oder haftungsrechtliche Fragen müssen daher immer wieder gestellt und beantwortet werden.

Rechtsanwalt Alexander Unverzagt erläuterte in seinem Vortrag die rechtlichen Fallstricke bei der Nutzung und Verbreitung von digitalem Content. Der Vortrag befasste sich mit den Fragen der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von „content“ (wie Blogbeiträgen, Fotografien und Tweets), Lizenzbedingungen und Haftungsfragen. Das große Interesse der Zuhörer zeigte sich in einer lebhaften Diskussion über weitere Aspekte, wie u.a. der Kennzeichnungspflicht / dem Trennungsgebot in Bezug auf werbliche Inhalte, Absprachen und Zusammenarbeit mit Journalisten, dem Umgang mit Interviews, der Abbildung von Personen und der Übernahme von Leistungen Dritter für eigene Zwecke.

Alexander Unverzagt und Claudia Gips sind Autoren des „Handbuch PR-Recht“, dessen 2. Auflage Ende 2017 erscheint, sowie des „Newsletter Kommunikationsrecht“. Weitere Informationen finden Sie unter www.prrecht.de

Google haftet für rechtswidrige Veröffentlichungen durch Dritte

Das LG Frankfurt a. M. (Urteil vom 09.02.2017, Az.: 2-03 S 16/16) hat entschieden, dass Suchmaschinenbetreiber als „Störer“ für eine unerlaubte Veröffentlichung von Fotos durch Dritte haften sobald sie Kenntnis davon haben. Ab diesem Moment haften sie auch für fremde Inhalte und sind daher verpflichtet, Verlinkungen auf rechtswidrige Inhalte zu löschen. Das Gericht stellte auch nochmals klar, dass Suchmaschinenbetreiber keine Access-Provider sind und daher direkt in Anspruch genommen werden können. Es ist also nicht erforderlich, sich zunächst an den Website-Betreiber oder den Host Provider der angegriffenen Webseite zu wenden.

PRAXISTIPP

Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass nicht nur der Täter einer Rechtsverletzung, also derjenige, der die Inhalte aktiv einstellt, sondern auch Suchmaschinenbetreiber dafür haften. (vgl. z. B. LG Hamburg, Urteil vom 07.11.2014, Az.: 324 O 660/12, OLG München, Beschluss vom 27.04.2015, Az.: 18 W 591/15, OLG Köln, Urteil vom 13.10.2016, Az.: 15 U 173/15). Die Pflicht zur Löschung tritt aber erst ein, wenn der Suchmaschinenbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Er muss Inhalte also nicht selbstständig überprüfen, sondern erst reagieren, wenn er darauf hingewiesen wird.

Für Betroffene bedeutet dies, dass sie sich parallel an den Täter und den Suchmaschinenbetreiber wenden sollten, um die Löschung rechtswidriger Inhalte effizient durchzusetzen.
Die Betreiber von Plattformen wie Facebook, Twitter u.Ä. müssen sich im Übrigen zukünftig an die Vorschriften des gerade verabschiedeten „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ halten, die gesteigerte Prüf- und Handlungspflichten bei Beschwerden vorsehen.

E-Mail-Werbung erfordert konkrete Einwilligung

Die pauschale Zustimmung zu einer Liste werbender Unternehmen reicht nicht als Einwilligung zu E-Mail-Werbung aus. Der BGH (Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 721/15) hat seine Rechtsprechung fortgeführt und klargestellt, dass aus der Einwilligungserklärung deutlich hervorgehen muss, für welche Unternehmen, Dienstleistungen und Produkte die Einwilligung erklärt wird.

PRAXISTIPP

Die Zusendung von Werbung per E-Mail ist nur mit der ausdrücklichen Einwilligung der Betroffenen zulässig. Der BGH hat schon mehrfach entschieden, dass entsprechende Klauseln ausreichend klar und transparent sein müssen und eine pauschale Generaleinwilligung unzulässig ist. Daher sollten Unternehmen auch beim Kauf von Adressen von entsprechenden
Anbietern Vorsicht walten lassen, da für diese in der Regel nicht die erforderliche Einwilligung zur Zusendung ganz bestimmter Werbeinhalte abgegeben wurde.

Fotos von Gemälden sind urheberrechtlich geschützt

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 31.05.2017 – 4 U 204/16) musste sich mit der Frage befassen, ob Fotos von Gemälden aus einem Museum auf Wikipedia genutzt werden dürfen. An den jahrhundertealten Gemälden selbst war der Urheberechtsschutz schon lange abgelaufen. Die verwendeten Fotos stammten jedoch aus einem Museumskatalog und das Gericht bestätigte, dass diese nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt sind. Obwohl es bei den Fotos letztlich nur um die Abbildung des Gemäldes in möglichst identischer Form geht und das fotografierte Objekt nur substituiert werden soll, trotzdem ist dieses „Lichtbild“ selbst ein geschütztes Werk. Die Anfertigung eigener Fotos im Museum ist nach Ansicht des Gerichts nicht erlaubt, da das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien dem (Grundstücks-)Eigentümer zusteht, soweit die Abbildungen von seinem Grundstück aus angefertigt werden. Der mit dem Museum geschlossene Besichtigungsvertrag verbot zudem Fotoaufnahmen.

PRAXISTIPP

Grundsätzlich ist auch bei älteren Werken, die aufgrund Zeitablaufs nicht mehr geschützt sind, zu bedenken, dass an Fotografien von diesen Werken eigenständige Rechte bestehen können, so dass letztere nicht frei nutzbar sind. Das Urteil zeigt, dass zwischen dem, was auf einer Fotografie zu sehen ist und der Fotografie selbst rechtlich zu unterscheiden ist. Es verdeutlicht einmal
mehr, dass der Eigentümer oder sonstige Inhaber von Räumlichkeiten oder Locations aufgrund des „Hausrechts“ ein sehr weitgehendes Bestimmungsrecht hat, ob auf seinem Gelände überhaupt Fotografien angefertigt werden dürfen oder nicht.

Kundenbewertungen können irreführende Werbung sein

Das OLG Köln (Urteil vom 24.05.2017, Az.: 6 U 161/16) hat entschieden, dass auch Kundenbewertungen auf der Website eines Unternehmens Werbung sein können. Sie könnten Vertrauen in die Leistungen des Produkts schaffen und den Absatz des Produktes fördern. Der Betreiber der Website ermöglicht seinen Kunden die Bewertung seiner Produkte allein in der Hoffnung, dass die positiven Bewertungen überwiegen und ist daher dafür verantwortlich. Werden also in Kundenbewertungen wissenschaftlich nicht nachweisbare Aussagen wie „Brauchte weniger Waschmittel“ gemacht, so handelt es sich dabei um irreführende Werbung, die wettbewerbswidrig ist.

PRAXISTIPP

Unternehmen sind nicht nur für die eigenen werbenden Aussagen verantwortlich, sondern sie können auch für Einträge Dritter auf ihrer Website haften. Dabei stellte das Gericht klar, dass es auch keine Rolle spielt, ob es sich um subjektive Eindrücke der Kunden handelte und ob sich das Unternehmen die Aussagen zu Eigen gemacht hat.

Werbung unterliegt dabei besonderen Kennzeichnungspflichten. Das gilt auch und gerade im Bereich Social Media, wie ein aktueller Fall der Landesmedienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein zeigt: Ein Youtuber wurde mit einem Ordnungsgeld in Höhe von über 10.000 Euro belegt, da er seine werblichen Videos nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet hatte.