Bewertungsportale: Wie dürfen sie bewerten?

Geschrieben am

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18) hat entschieden, dass das Bewertungssystem von Yelp rechtmäßig ist. Geklagt hatte eine Fitness-Studio-Betreiberin, deren Unternehmen auf dem s Bewertungsportal nur drei von fünf Sternen erhalten hatte. Die Unternehmerin meinte, es wird dadurch der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dass die Sterne das Ergebnis des Bewertungsdurchschnitts aller Beiträge seien. Tatsächlich handelt es sich aber um die Bewertung der von der Yelp-Software ausgewählten, empfohlenen Beiträge. Das Gericht ging jedoch davon aus, dass die Bewertungsgrundlage auf der Website des Portals ausreichend transparent dargestellt wird. Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ sind zudem durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt, denn ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.

Praxistipp:

Bewertungsportale spielen für viele Kunden eine große Rolle für Kaufentscheidungen oder die Auswahl von Dienstleistern. Unternehmen haben umgekehrt ein Interesse daran, dass ihre Leistungen auf Bewertungsplattformen korrekt dargestellt werden. Mit diesem Urteil wurde klargestellt, dass es zulässig ist, die Bewertung nur aufgrund empfohlener Beiträge zu berechnen, die durch selbst festgelegte Kriterien ermittelt werden. Es ist also für Plattform betreiber nicht zwingend notwendig den Durchschnitt aller Bewertungen auszuweisen. Unternehmen können aber prüfen, ob die Berechnungsgrundlage für den Nutzer transparent  ist.

Datenschutz bei Fotografien mit Personenabbildungen auf der Facebook-Seite

Das Verwaltungsgericht  Hannover (Urteil vom 27.11.2019, Az.: 10 A 820/19) hat entschieden, dass die Veröffentlichung von Fotos einer Person auf der Facebook-Fanpage einer Partei ohne Einwilligung eine unzulässige Verarbeitung „personenbezogener Daten“ nach der EU-Datenschutzgrundverordnung darstellt. Eine Partei hatte auf Facebook über die Errichtung einer Fußgänger-Ampelanlage berichtet und dazu auch Fotos gepostet, auf denen eine Menschenansammlung zu sehen war, wobei einzelne Personen zu erkennen waren. Das Gericht stellte klar, dass eine Veröffentlichung dieser Fotos ohne Einwilligung grundsätzlich unzulässig ist. .  Aus der Teilnahme an der Veranstaltung kann auch höchstens gefolgert werden, dass die Betroffenen stillschweigen in die Veröffentlichung von Fotos in der Presse einwilligen, aber keinesfalls in eine Veröffentlichung auf der Facebook-Fanpage einer Partei. Auch der Ausnahmetatbestand nach dem Kunsturhebergesetz (KUG), der es erlaubt, Aufnahmen ohne Einwilligung zu veröffentlichen, wenn eine Versammlung oder Ähnliches gezeigt wird und die einzelnen abgebildeten Personen dabei in den Hintergrund treten, griff in diesem Fall nicht. Denn dieser gilt nur, solange kein berechtigtes Interesse der abgebildeten Person verletzt wird. Die betroffene Person hat aber ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Foto nicht in einer Art und Weise im Internet veröffentlicht wird, dass sie keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten hat und daran, dass sie mit der entsprechenden Partei nicht politisch in Zusammenhang gebracht wird.

Praxistipp:

Nach dem Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung muss die Erstellung und Nutzung von Personenabbildungen (Foto und Video) auch nach den Vorschriften der DSGVO geprüft werden. Es gibt noch keine abschließende Entscheidung, ob nunmehr ausschließlich die DSGVO für solche Aufnahmen gilt und die bisherigen Regelungen zum „Recht am eigenen Bild“ damit hinfällig sind.

In beiden Fällen ist aber eine Nutzung mit Einwilligung möglich und gibt es auch Ausnahmen, in denen keine Einwilligung erforderlich ist. Die „berechtigten Interessen“ der abgebildeten Personen sind nach beiden gesetzlichen Regelungen immer mit zu beachten.

Identifizierende Berichterstattung in der Presse

Der Bundesgerichtshof (BGH) (Urteil vom 17.12.2019, Az.: VI ZR 504/18) hat klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine identifizierenden Bildberichterstattung in der Presse zulässig ist. Die Bild-Zeitung hatte über zwei Männer berichtet, die über Jahre hinweg unerlaubt Wohnraum an sogenannte Medizintouristen vermietet hatten. Aufgrund der Vorgänge gab es ein Verfahren gegen die Männer vor einem Verwaltungsgericht. Die Zeitung berichtete über das Verfahren und hat dabei auch die Vornamen sowie ein Bild der Männer abgedruckt. Der BGH hielt dies für zulässig, da das Recht am eigenen Bild in diesem Fall hinter dem Öffentlichkeitsinteresse zurücktritt. Es stellte dabei klar, dass auch ein rechtswidriges Verhalten einer der Öffentlichkeit nicht bekannten Person, das nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt und keine Straftat, wegen seiner Art, seines Umfangs und seiner Auswirkungen auf gewichtige Belange der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung für die Öffentlichkeit sein kann.

Praxistipp:

Wenn die Presse über bestimmte Vorgänge berichtet, müssen Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Eine belastende identifizierende Berichterstattung, in der Namen genannt oder Personen ungepixelt gezeigt werden, bedarf einer Rechtfertigung. Die Regelungen des Datenschutzes gelten für die Medien aufgrund eines „Medienprivilegs“ nur in eingeschränktem Maße. Fotos einer Person dürfen nach dem Kunsturhebergesetz (KUG) dann ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn es sich um ein Bildnis aus dem „Bereich der Zeitgeschichte“ handelt und keine berechtigten Interessen der Betroffenen entgegenstehen. In diesem Fall waren die zwei Männer zwar nicht prominent und es handelte sich um ein verwaltungsrechtliches, kein Strafverfahren. Jedoch betraf es ein aktuelles Thema von hohem gesellschaftlichen Interesse, nämlich der Wohnungsnot in München, dem Kampf der Stadt München gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum und den damit in Verbindung stehenden illegalen Geschäften der Männer. Je größer der Informationswert für  die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten, so dass auch die identifizierende Namensnennung und das  Abdrucken von Fotos zulässig ist.

Kommunale Website darf nicht zu presseähnlich sein

Das Landgericht Dortmund (Urteil vom 08.11.2019, Az.: 3 O 262/17) hat entschieden, dass die Website der Stadt Dortmund zu presseähnlich sei und damit gegen Wettbewerbsrecht verstößt. Auf der Website fanden sich nicht nur allgemeine Informationen für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch presseähnliche Berichte, etwa über die Meisterfeier von Borussia Dortmund. Aus der im Grundgesetz verankerten Pressefreiheit folgt auch der Grundsatz der Staatsferne der Presse, demzufolge der Staat keine Presseunternehmen unmittelbar oder mittelbar beherrschen darf, die nicht lediglich Informationspflichten öffentlicher Stellen erfüllen. Die Informationen dürfen nur das Ziel verfolgen, Politik und Recht verständlich zu machen. Allgemeine Beiträge über ortsansässige Unternehmen, die Bewertung privater Initiativen, die allgemeine Beratung von Leserinnen und Lesern, die Berichterstattung über rein gesellschaftliche Ereignisse, z. B. aus den Bereichen Sport, Kunst und Musik, dienen hingegen nicht den hoheitlichen Informationspflichten und sind daher unzulässig.

Praxistipp:

Die Möglichkeit zu Äußerungen und die Öffentlichkeitsarbeit von kommunalen oder sonst staatlichen Stellen unterliegen gewissen Beschränkungen. Städte, Gemeinden, Kommunen, Amtsträger, Behörden und Ministerien können sich daher nicht ohne Weiteres der Maßnahmen bedienen, die privaten Unternehmen offen stehen. Die Maßnahmen müssen vielmehr einen Bezug zu den Aufgaben und Tätigkeiten der staatlichen Stellen haben. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 20.12.2018, Az.: I ZR 112/ 17) hatte vor Kurzem konkrete Kriterien für zeitungsmäßig aufgemachte Druckwerke von Gemeinden aufgestellt. Dabei sind Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen. Je stärker eine kommunale Publikation bei den angesprochenen Verkehrskreisen-als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitungwirkt wirkt, desto eher ist die Pressefreiheit gefährdet. Im vorliegenden Urteil wurden diese Kriterien nun auf den Online-Bereich übertragen.

Die gleichzeitige Einwilligung zur Teilnahme am Gewinnspiel und Erhalt von Werbung

Das OLG Frankfurt (Urteil vom 27.06.2019, Az.: 6 U 6/19) hat entschieden, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel von der Einwilligung in zukünftige E-Mail-Werbung abhängig gemacht werden darf. Locken Unternehmen Dritte mit einer Vergünstigung an, etwa mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel, führt das nicht dazu, dass keine freiwillige Einwilligung im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vorliegt. Im vorliegenden Fall erhielt man nach der Einwilligung nicht nur Werbung von dem Unternehmen, welches das Gewinnspiel veranstaltete. Man erhielt diese auch von „Co-Sponsoren“. Das Gericht urteilte dazu: Eine Einwilligungserklärung ist auch dann noch ausreichend transparent, wenn sich acht Co-Sponsoren auf der Sponsoren-Liste im Rahmen der Einwilligungsliste finden.

PRAXISTIPP
Wenn E-Mail-Adressen für werbliche Aussendungen generiert werden, müssen Unternehmen die wettbewerbs- und datenschutzrechtlichen Anforderungen einhalten. Für den Versand von Werbung per E-Mail ist eine transparente, freiwillige Einwilligung erforderlich. Dieses Urteil überrascht zahlreiche Experten. Denn diese haben die Bestimmungen in der DSGVO bislang so verstanden, dass ein „Kopplungsverbot“ zwischen der Einwilligung, Werbung zu erhalten, und einer Gegenleistung wie einem Gewinnspiel oder einem kostenlosen Produkt besteht.

Das OLG Frankfurt geht in diesem Urteil jedoch davon aus, dass durch die Kopplung die Freiwilligkeit der Einwilligung nicht beeinträchtigt wird. Seiner Ansicht nach kann und muss der Verbraucher selbst entscheiden, ob er seine Daten preisgeben möchte, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen.